Hernie der Bauchwand

Anatomie und Funktion der Bauchwand
Die Bauchwand besteht aus Muskeln und Faszien, welche die inneren Organe schützen und ummanteln. Die Muskulatur ist an der Beugung des Rumpfes und an der Stabilisierung des Beckens während des Gehens beteiligt und hilft beim Atmen, Husten, Niesen und Erbrechen. Vielfach ist man sich der Bedeutung der Bauchmuskulatur im Alltag nicht bewusst, wenn man aber einmal operiert wurde und die Bauchwandmuskulatur wieder aufgebaut werden musste, wird man sich dessen Wichtigkeit bewusst. Eine mittelgrosse oder grosse Hernie der Bauchwand wirkt sich negativ auf deren Funktion aus und verhindert normale Bewegungen wie zum Beispiel das Wechseln der Position (Liegen, Sitzen, Stehen), stört die Atmung und das Husten etc.

Was ist eine Hernie der Bauchwand? 
Eine Bauchwandhernie entsteht meist infolge einer früheren Operationsnarbe, welche in der Bauchwand zu einer Lockerung des Gewebes und somit zu einer oder mehreren Lücken in der Bauchwand führt. Durch diese sogenannte Bruchpforten kann Darm oder Fett austreten.  Die Bauchwandhernie verursacht eine Veränderung des Profils des Abdomens, Schmerzen und stört die täglichen körperlichen Bewegungen. In aufrechter Position kann die Hernie heraustreten und wie eine Wölbung aussehen, während sie in der Regel verschwindet, sobald der Patient liegt. Solange die Hernie und deren Inahlt wieder in den Bauchraum zurückrutschen, ist die Situation nicht kritisch. Bei nicht reponiblem Inhalt und insbesondere bei Auftreten von Schmerzen, spricht man von inkarzerierter Hernie.

Die Ursachen? 
Die bekanntesten Ursachen für die Bildung von Bauchwandhernien sind die genetische Veranlagung, das Vorhandensein von Bindegewebsveränderungen, chronischer Husten, einige Sportarten und Berufe mit großen körperlichen Anstrengungen sowie chronische Verstopfung. Häufig treten die Hernien im Bereich von Narben auf, welche durch Operationen am Bauch entstanden sind. Aus diesem Grund nennt man sie Narbenhernien.  Das Narbengewebe ist nicht mehr straff, lässt nach und öffnet sich, dabei kann Darmgewebe austreten.

Beurteilung
Die Beurteilung einer Hernie der Bauchwand ist vorwiegend klinisch. Beurteilt werden ihre Grösse und ihre Reponibilität. Die Muskulatur kann sich seitlich zurückziehen und ein störendes Vakuum erzeugen. Es können mehrere Hernien und in unterschiedlicher Grösse vorhanden sein, insbesondere wenn eine Operationsnarbe ganz nachgibt (Laparozele). Bei großen Hernien wird zusätzlich eine Bildgebung durchgeführt (Computertomographie), während dieser Untersuchung muss der Patient pressen.

Wann sollte man sich operieren lassen? 
Auch für Bauchwandhernien gilt die Regel, dass erst dann operiert wird, wenn es nicht anders geht. Das bedeutet, dass nicht alle Hernien unbedingt operiert werden müssen, auch wenn es sich um ein „mechanisches“ Problem handelt und es keine Spontanheilung gibt. In Prinzip sollte man operieren, falls die körperlichen Tätigkeiten beeinträchtigt sind, z.B. bei körperlicher Arbeit oder wenn die Hernie sich negativ auf die Lebensqualität auswirkt. Bauchwandhernien können Bauchschmerzen verursachen. Dabei kann die Hernie inkarzerieren (dies erfordert eine notfallmässige Intervention) oder eine Störung der Darmpassage verursachen, weil Darmschlingen in der Hernie hängen. Auch in diesen Fällen sollte eine Operation erfolgen.

Chirurgische Techniken 

1. Klassische Operationstechnik
Die Narbenhernien der Bauchwand können mit der klassischen Operation angegangen werden. Dabei muss die alte Operationsarbe in ihrer ganze Länge repariert werden und falls keine Kontraindikationen vorliegen, die Bauchwand mit einem Netz verstärkt werden. Das Netz sollte ein Rezidiv verhindern

2. Minimalinvasive Operationstechnik
Die minimalinvasive Chirurgie mittels Laparoskopie verfolgt das gleiche Prinzip wie die offene Chirurgie. Auch hier wird ein Netz von innen auf die Bachwand gesetzt und das gesunde Gewebe muss mindestens 5 cm überlappend bedeckt werden. Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose und es werden drei bis fünf kleine Einschnitte gesetzt. Das Prinzip ist es, ein Netz zwischen den Bauchorganen und der Bauchwand als Verstärkung zu legen. Die Bauchwandmuskulatur wird dabei weder geschnitten noch genäht. Die Netze verstärken und verringern das Rezidivrisiko einer Hernie. Die modernen Netze bestehen aus einem Materialmix, teilweise resorbierbar und teilweise nicht. Damit ist die Assimilation durch den Körper besser gewährleistet und es bleibt weniger Fremdmaterial.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den beiden Techniken? 
Beide Techniken erfordern eine Vollnarkose. Der wesentliche Unterschied liegt in der Machbarkeit der minimalinvasiven Chirurgie. Um ein akzeptables Ergebnis zu erzielen, ist es notwendig, bei mittleren bis großen Hernien den Defekt der Bauchwand zu vernähen, wobei die Muskulatur wieder in die Mitte des Bauches gelegt wird. Patienten mit einer erheblichen lateralen Schrumpfung der Bauchwandmuskulatur können von dieser Technik nicht profitieren. Wenn die Muskulatur wieder in eine zentrale Position gebracht wird, wird sie vernäht und das Netz erlaubt es, sie in dieser Position zu fixieren. In manchen Situationen muss der Eingriff mit dem kombiniert werden, was technisch als „Trennung der Komponenten“ und „trasversus abdominal release“ bezeichnet wird, d. h. mit der Mobilisierung des Bauchquermuskels, der als muskulöser Lappen verwendet wird. Diese Techniken ermöglichen es, die Muskeln zu „verlängern“ und die Bauchhöhle spannungsfrei zu schließen. Auch in diesen Fällen wird ein Netz implantiert, um die Rekonstruktion der Bauchwand zu unterstützen und zu befestigen. 

Wie soll man zwischen den beiden Techniken wählen? 
Natürlich wählt man bei großen Hernien und der Präsenz einer seitlichen Schrumpfung der Muskulatur die klassische Technik, um eine funktionellere Rekonstruktion der Bauchwand zu erreichen. Wenn die Hernien ein begrenztes Volumen haben und die Muskulatur nicht „zu stark“ eingezogen ist, kann die Hernie mit einer minimalinvasiven Technik korrigiert werden. Die Computertomographie (der Patient muss dabei pressen) kann bei der Entscheidung helfen. Die klinische Untersuchung des Patienten ermöglicht es, die Bauchmuskeln in ihrem Verhalten bei Positionsänderung zu beurteilen.

Was soll man nach einer Hernienoperation beachten? 
Nach der Operation sollte man die Schmerzgrenze nicht überschreiten. Zu Fuss gehen oder Treppen laufen ist erlaubt.
Es ist wichtig, Schmerzmittel zu nehmen, um die Entzündungsreaktion zu reduzieren und eine frühe Mobilisation und Genesung zu ermöglichen. Die Muskulatur sollte geschont werden: kein Gewicht heben, kein Husten, kein Niesen und keine ruckartige Kontraktionen. Die Dauer dieser Einschränkungen hängt von der gewählten Technik ab: 6-8 Wochen bei der klassischen Operation, 3-4 Wochen bei der minimal-invasiven. Danach kann die Muskulatur mit gezielter Physiotherapie verstärkt werden.
Unbedingt zu vermeiden ist eine übermässige Gewichtszunahme!